Was macht Wissenschafts-Ghostwriting beliebt?
Den Hochschulen fällt es schwer, einen derartigen Wissenschaftsbetrug überhaupt dingfest zu machen. Leistungsnachweise, die von Ghostwritern verfasst werden, unterscheiden sich nicht von jenen Arbeiten, die von anderen Studierenden in tatsächlicher Eigenständigkeit erarbeitet wurden. Ghostwriting wird so zu einer sehr sicher erscheinenden Form der wissenschaftlichen Täuschung. Einhalt kann man dem Treiben wohl nur durch eine Gesetzgebung bieten, welche die Praxis des akademischen Ghostwritings per se verunmöglicht.
Im Frühsommer 2015 starteten die Schweizer Universitäten in Bern und Sankt Gallen dahingehend eine Initiative, indem sie gegen einen Ghostwriting-Anbieter Strafanzeigen wegen Mittäterschaft und Gehilfenschaft zur Urkundenfälschung und Betrug bei den Staatsanwaltschaften Zürich und Sankt Gallen stellten. Während die Staatsanwaltschaft Zürich die Ermittlung aufgrund der Absenz eines konkreten Falles einstellte, führte die Staatsanwaltschaft Sankt Gallen, in Zusammenarbeit mit der dortigen Universität, Recherchen im Umfeld der Studierendenschaft durch, um einen konkreten Fall des akademischen Ghostwritings aufzudecken und zur strafrechtlichen Verfolgung zu bringen.
Aus einem Urteil des Oberlandesgerichtes Frankfurt am Main (Aktenzeichen: 11 U 51/08) vom Herbst 2009 zu einem Prozess um die zwischen Auftraggeber und Ghostwriter getroffene Vereinbarung über das Verschweigen der Urheberschaft seitens des Ghostwriters geht hervor, dass eine solche Vereinbarung grundsätzlich nicht zu beanstanden sei. In der Entscheidung des OLG wurde allerdings ein Fall von Ghostwriting, der außerhalb des Wissenschaftsbetriebs zu verorten ist, beurteilt. Das Urteil berührt damit keineswegs den Umstand, dass ein nicht eigenständig verfasster Leistungsnachweis nicht als solcher ausgegeben und an der Hochschule, unter Versicherung an Eides statt, zur Qualifikation eingereicht werden darf.
Im Februar 2012 urteilte das Oberlandesgericht Düsseldorf (Aktenzeichen: I-20 U 116/10), dass die Bezeichnung akademisches Ghostwriting irreführend sei, weil die zu den wissenschaftlichen Qualifizierungsarbeiten gehörende Eidesstattliche Versicherung eine solche Praxis ausschließen würde. Darüber hinaus dürfe die Arbeit eines Fremdautors nicht als die eigene deklariert und als solche zur wissenschaftlichen Begutachtung, mit dem Ziel der Erlangung eines akademischen Grades oder Titels, eingereicht werden. Das Gericht urteilte, dass jede Ghostwriter-Vereinbarung in dieser Hinsicht sittenwidrig und nichtig sei. Aus diesem Tenor kann allerdings nicht geschlossen werden, dass es sich bei dieser Handhabung auch um eine verbotene Handlung handelt; vielmehr wurden solche Handlungen zwar als rechtlich missbilligend, aber auch als nicht strafbare Tätigkeit eingestuft.
In Deutschland existiert nach wie vor keine gesetzliche Grundlage, welche die Praxis des Ghostwritings sanktioniert. Sofern die erarbeiteten Studien eines Ghostwriters als Mustervorlagen deklariert werden, ist das Ghostwriting als Dienstleistung an sich weder rechtswidrig noch strafbar. Wer allerdings eine solche Vorlage, ohne sie in einem geeigneten Maße umgearbeitet zu haben, wodurch eine Eigenständigkeit der Leistung erkennbar werden würde, als selbstständig verfassten Leistungsnachweis zur Beurteilung einreicht und diese Eigenständigkeit in der Versicherung an Eides statt garantiert, bricht ebenjene verbindliche Zusicherung.
Der Deutsche Hochschulverband, welcher bundesweit mehr als 27.000 Mitglieder vertritt, forderte den Gesetzgeber bereits im Sommer 2012 dazu auf, den neuen Straftatbestand Wissenschaftsbetrug in Zusammenhang mit der Erlangung akademischer Grade und Titel einzuführen. Der Entwurf des Verbandes sieht harte Strafen für wissenschaftliche Täuschungsdelikte vor. So soll derjenige, der eine akademische Qualifikationsarbeit für einen Dritten verfasst, mit einer Geld- oder einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren belegt werden. Weiter soll derjenige, der sich einen wissenschaftlichen Leistungsnachweis verfassen lässt und als seinen ausgibt, ohne der Urheber zu sein, ebenso mit einer Geld- oder einen Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren geahndet werden.
Der Gesetzgeber (Kabinett Merkel II) sah damals keinen Handlungsbedarf und -spielraum für eine solche Initiative. Im Frühling 2015 bekräftigte der Geschäftsführer des Deutschen Hochschulverbandes, in einem Interview mit der Zeit Online, die Forderung, nach einer härteren Gängelung jener, die sich ein derartiges wissenschaftliches Fehlverhalten zu Schulden kommen lassen.